
Pressebericht aus dem Internet
„Weiß unsere Parteispitze noch, was sie tut?“ Die Frage von Hermann Kühnapfel ist rhetorisch gemeint, und er beantwortet sie auch gleich selbst: „Nach dem, was ich hier gehört habe, bin ich mir sicher: Sie weiß es nicht.“
Der Chef der CDU-Mittelstandsvereinigung Brandenburg ist eigens am Montagabend ins Berliner Konrad-Adenauer-Haus gekommen, um seinem Unmut Luft zu machen.
Die Basis rebelliert gegen die Atomwende der Kanzlerin!
Gerade hat Kanzleramtsminister Ronald Pofalla den straffen Zeitplan der Bundesregierung erläutert, mit dem der „Atom-Umstieg“ bis Mitte Juni unter Dach und Fach sein soll.
,Wir müssen uns ranhalten’, sollte das wohl heißen. Bei Hermann Kühnapfel ist es als das angekommen, was es auch bedeutet: Die Anhörungen der Basis sind vor allem Stimmungskosmetik.
„Das Moratorium ist gut, aber wir sollten nicht unter Zeitdruck Fakten schaffen“, sagt er. „Die alternativen Energien sind Randenergien. Wir haben keine Idee für die Speicherung, wir können die Preisentwicklung nicht ansatzweise einschätzen – lassen wir uns Zeit für vernünftige Studien!“
Doch die Zeit hat die Bundesregierung nicht. Wenn am 15. Juni das mit einem wackeligen Notfall-Paragraphen zusammengezimmerte Moratorium für die sieben älteren Meiler abläuft, können die Energieversorger die Reaktoren wieder hochfahren.
Nach Aktienrecht müssten sie das sogar, weil sie die wirtschaftlichen Interessen ihrer Aktionäre vertreten und kein Kapital verschwenden dürfen.
„Es geht nicht darum, den Ausstieg so schnell wie möglich, sondern so schnell wie machbar hinzukriegen“, sagt Helmut Heiderich, der für den hessischen Main-Taunus-Kreis im Bundestag sitzt.
Bei der Anhörung geht es Schlag auf Schlag gegen den Kurs der Kanzlerin.
Jens-Uwe Blask aus dem thüringischen Sonneberg berichtet über die Tumulte bei sich daheim, wegen einer 380 Kilovolt-Hochspannungstrasse, die quer durchs Land gebaut werden soll. Einer weist darauf hin, dass die CDU in Niedersachsen und Schleswig-Holstein schon gegen die Erkundung von unterirdischen CO2-Lagern protestiere und nun der Gesellschaft erzählen wolle, jetzt dürfe es keine Bürgerproteste mehr geben.
„Wir treffen hier in drei Monaten Entscheidungen für die nächsten 30 Jahre“, warnt Steffen Flath, CDU-Fraktionschef im Sächsischen Landtag, und glaubt, dass viele den wirklichen Wert stabiler Energieversorgung gar nicht einzuschätzen wüssten.
Gerhard-Ludwig von Breitenbuch aus Leipzig:
„Wir kriegen unserer Basis diesen Schwenk nicht vermittelt.“
Fritz Niedergesäß, Bauingenieur und polterndes Unionsurgestein aus Berlin, meint:
„Fangen wir doch mit der Gebäudesanierung und der Straffung der über sechzig Jahre angereicherten Planungs- und Genehmigungsmühle erstmal an und sehen, ob wir die Effekte überhaupt hinkriegen, auf die wir hier beim Ausstieg setzen.“
So geht es drei Stunden lang, bis die wenigen Unterstützer des Kanzlerinnen-Kernkraft-Kurses zwischen den Kreischefs fast in Vergessenheit geraten sind.
Angela Merkel hat an diesem Tag leider auch keine Zeit – sie hat noch kurz zuvor einen Windpark in der Ostsee eröffnet und auch vom Aufstand einiger CDU-Generalsekretäre aus den Bundesländern am Vormittag nur Berichte erhalten.
An ihrer Stelle müssen sich CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe, Bundesumweltminister Norbert Röttgen und Kanzleramtschef Ronald Pofalla als grüne Prediger im Schwarzen Meer von der aufgebrachten Basis zurechtstutzen lassen.
Ihr Motto: Die Union als Partei des Qualitätsausstiegs aus der Kernenergie.
Statt der grünen Stümperei legen wir das Mercedes-Konzept unter den Ausstiegen vor. „Umstieg mit Augenmaß“ heißt der Slogan. Oder wie Röttgen eine populäre Baumarkt-Reklame listig abwandelt: „Wir machen die Energiewende zu einem christdemokratischen Projekt“.
Damit ist er schon ziemlich nah am Kern des Problems. Die Kanzlerin will „das Thema abräumen“, wie es im internen Sprachgebrauch des Kanzleramts heißt. Koste es, was es wolle. Im Sommer ist Legislatur-Halbzeit, und in den Endspurt will Merkel mit einer geschlossenen Akte Atom starten. Das Projekt Wiederwahl beginnt.
Die Parteibasis spürt, dass deshalb die Messen längst gesungen sind.
Und tatsächlich liegt am Montagabend der vorformulierte Beschluss der Union zum raschen Ausstieg aus der Kernenergie längst vor. Aber das wissen sie drinnen nicht.
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